Im Rahmen eines Museumsbesuches im Mai 2007 im Römer- und Pelizaeus Museum in Hildesheim hatten wir Gelegenheit, die 1 : 1 Nachbildung eines der schönsten Privatgräber von Theben zu besichtigen. Dieser Grabbau von auffallender Schönheit unterscheidet sich von den anderen Privatgräbern seiner Epoche durch die vollständige Ausschmückung aller seiner Räume.

Das Originalgrab des Sennefer  - " Vorsteher von Theben" ( Bürgermeister )  unter Amenophis II. -  befindet sich im oberen Abschnitt des Süd-Ost-Hangs des Hügels von Sheikh Abd el-Qurna und trägt die Nr. TT 96.  Sennefer war für das Wohlergehen der Amun-Stadt Theben verantwortlich.

Die Einzigartigkeit dieses Grabes besteht in dem ungewöhnlichen Dekorationsprogramm. Das Thema ist hier nicht wie die jenseitige Welt, sondern der Grabherr und sein Leben selber. Er wird hier zusammen in einer Feier  mit seiner Gemahlin " Merit " gezeigt, wie sie in Liebe vereint sind. Diese Liebe geht über das irdische Leben hinaus und ist der göttlichen Liebe ähnlich, die Osiris mit Isis vereint.

Eine weitere Besonderheit des Grabes ist die Nutzung der unebenen Decke der beiden Räume, um bei der Darstellung einer Weinlaube, von der dunkle Trauben hängen, einen dreidimensionalen Effekt zu erreichen. Aufgrund dieser besonderen Ausstattung erhielt das Grab den Namen "Grab der Weinreben". Die mit der Ausmalung beauftragten Künstler haben diese Unebenheit in der Decke genutzt und das Gewölbe teils in eine wuchernde Weinlaube, teils in ein mit bunten geometrisch gemusterten Stoffen bedecktes Zelt zu verwandeln.

Die Decke im Sennefer-Grab ähnelt einem mit bunte, geometrisch gemusterten Stoffen bedecktem Zelt
(Bild:
Nefershapiland 2007)

Die Erfindung einer völlig neuen Übertragungstechnik, die " Kodak-Pathé ", erlaubte es Fotos auf einer unebenen Fläche abzuziehen. Dadurch wurde es möglich, all denen, die keine Reise zu den Originalgräbern in Ägypten tätigen konnten, eine getreue Nachbildung des außergewöhnlichen Grabes zu bieten.

Das Originalgrab in Theben wurde erst einmal gründlich gereinigt. Dabei kamen unter dem halb abgeblätterten antiken Putz, zwei bisher nicht bekannte Frauenporträts zum Vorschein. Danach wurde fotografiert und gemessen. Die für das Römer-Pelizaeus-Museum in Hildesheim bestimmte Neuanfertigung der Grabreproduktion wurde in Lyon/Frankreich im April 1987 in Angriff genommen. Hierfür wurden über Zwischennegative, naturgroße Abziehbilder in einem französischen Labor hergestellt, die dann endgültig auf den schon fertiggestellten Unterbau übertragen wurden. Langsam entstand, Stück für Stück das naturgetreue Abbild des Grabraumes.

Hierüber gibt es für Interessierte einen sehr ausführlichen Bericht in dem Buch: "Rolf Gundlach und Mitarbeiter: Das Grab des Sennefer. Begleitband zur Ausstellung „Ägypten – Götter, Gräber und die Kunst. 4000 Jahre Jenseitsglaube“, Rolf Gundlach und Mitarbeiter: Das Grab des Sennefer. Begleitband zur Ausstellung „Ägypten – Götter, Gräber und die Kunst. 4000 Jahre Jenseitsglaube“, Schlossmuseum Linz 1989 sowie zur Rekonstruktion der Grabkammer: "Marcel Kunz / Das Grab des Sennefer - Zur Technik der Nachbildung."

Zur Person von Sennefer:

 

Der Grabherr
Sennefer

 

Sennefer diente unter König Amenophis II. ( 1439 - 1413 v. Chr.)
als Bürgermeister von Theben.

 

(Bild: Wikepedia - gilt als "gemeinfrei"

 

Kurze Einführung über den Grabinhaber selbst:

Herkunft:
Sennefers Karriere datiert in die Regierungszeit von König Amenophis II. 
( 1439 - 1413 v. Chr.). Zu dieser Zeit hatte Ägypten großen Wohlstand erreicht. Sennefer stammte aus einer Familie von "bürgerlichen Dienern". Das waren Hofbeamte und hochrangige Priester. 

Sein Vater hatte den Posten eines Erziehers des Thronfolgers Amenophis inne. Sein Name war Ahmose-Humay. Über seine Herkunft ist nichts bekannt. Ahmose-Humay hatte außerdem in Memphis die Stellung eines Vorsteher des Harims der Königin inne und war als Erzieher des Prinzen eng mit diesem verbunden. Der Vater von Sennefer heiratete eine Hofdame mit Namen Nebu. Wahrscheinlich war diese Tochter eines "Zweiten Priesters des Gottes Haroèris" aus Qusae im 5. oberägyptischen Gau. Diese Heirat verstärkte noch seine Verbindung mit dem königlichen Hof.

Die Söhne Ahmose-Hunay mit Namen Amenemope und Sennefer wuchsen aus diesem Grund zusammen mit dem Thronfolger auf. Dieser zeigte später eine auffällige Verbundenheit mit den Gefährten seiner Kindheit und Jugend. Er besetzte mit ihnen wichtige Staats- und Tempelämter. Es fällt auf, dass für den späteren König Amenophis II. persönliche Beziehungen wichtiger waren als z. B. familiäre Abstammung.

Nach der Thronbesteigung begab sich der König nach Theben und setzte zu einem uns unbekannten Datum seine beiden Jugendgefährten Sennefer und Amenemope in leitende Stellungen in Theben ein. Amenemope wurde anstelle Rechmirs Wesir von Oberägypten und sein Bruder Sennefer setzte er als Bürgermeister von Theben ein.

Familie:
Vom privaten Leben Sennefers ist nur wenig bekannt. Es ist nicht bekannt, mit wie viel Frauen er verheiratet war. In seinem Grab werden Merit, Senet-neferet, Senet-nai, Senet-em-iah, Senet und Senai genannt. Senet-neferet und Senet-nai wurden als
"königliche Ammen" identifiziert.
Allerdings mutmaßen die Ägyptologen ( u. a. Gundlach und Silliotti), dass es sich hier bei allen fünf Namensnennungen, die mit dem Element "
Senet " gebildet sind, um ein und dieselbe Person, nämlich Merit handelt, da der Begriff "Senet" nur verschiedene Aussagen über die Wortform "Schwester" bzw. " Ehefrau" sind. Es kommt noch dazu, dass für mehrere dieseer Namensformen der Titel: " Amme des Königs " belegt ist. 

Die Namensform "Merit" bedeutet im übrigen nichts anderes als "Geliebte" bzw.  " die Auserwählte". 
(Quelle: Rolf Gundlach)

Es ist aber auch möglich, das Senet-neferet und Senet-nai wohl ein und dieselbe Person sind, weil es unwahrscheinlich ist, dass Sennefer gleich mit zwei "königlichen Ammen" verheiratet war. Dafür ist der Titel zu hoch und zu prägnant. Vielleicht starb diese Ehefrau nach der Geburt eines Kindes im Kindbett und Sennefer heiratete erneut eine Frau namens Merit. Oder Merit war die erste Frau Sennefers und nach ihrem Tod heiratete er eine andere Frau,die Amme des Königs, mit der er 3 Töchter hatte. Merit muss aber die ranghöhere gewesen sein, sonst wäre nicht sie es, die als einzige in der Grabkammer abgebildet ist.
(Quelle: Monique Nelson - zusammengefasst von Thierry Benderitter)

Zwei Töchter von Sennefer, "Muttui und Mutneferet" sind als "Sängerin des Amun" belegt. Eine weitere Tochter namens "Neferetiri" führte den Titel einer " königlichen Hofdame".

Es ist nicht bekannt, ob Sennefer einen Sohn hatte, wohl aber ein "Sohn seiner Tochter", also ein Enkelkind. Es sind aber auch hier keine näheren Informationen über diese Person bekannt.

Karriere:
Sennefers wichtigster Amtstitel war "Bürgermeister der südlichen Stadt 
( Theben ). Der Bürgermeister unterstand dem Wesir, dem er regelmäßig Bericht erstatten musste.
Einige Titel Sennefers machen deutlich, dass er auch eine Tätigkeit im Amuntempel von Karnak innehatte. Er war "Vorsteher der Felder des Amun-Tempels" sowie "Vermögensverwalter des Amun". 
Zwei weitere Titel sind noch anzufügen, die Sennefer mit Bezug auf in Theben-West liegenden Filialtempel des Amuntempels von Karnak führte: 
"Vorsteher der Kälber, Leiter der Kühe des Amun" im Totentempel der Hatschepsut in Deir el-Bahari und "Vermögensverwalter" eines kleinen Heiligtums Amenophis I

Sennefer selbst sah sich als Vertrauter des Königs, was aus einigen Inschriften hervorgeht:

"Großer Vertrauter des Herrn der beiden Länder, Gelobter des vollkommenen Gottes (König), welcher Nützliches tut, täglich für seinen Horus (König), Bürgermeister der südlichen Stadt (Theben), der die Verwaltungsgeschäfte Thebens führt......"

Bestattung:
Es ist durchaus möglich, dass Sennefer niemals im Grab TT96 bestattet worden ist, sondern an einem noch privilegierteren Ort: dem Tal der Könige. Dort wurden zahlreiche Gefäße mit dem Namen Sennefers und seiner Gattin im Grab Nr. 42 entdeckt, welches möglicherweise für Thutmosis II. gedacht war, aber unvollendet geblieben ist.

 

Gruppenstatue 
Sennefer mit Frau u. Tochter:


Grauer Granit
Höhe: 120 cm
Herkunft: Karnak - entdeckt vom #
Ägypt. Antikendienst im Norden der Großen Hypostylen Halle 1903

Das Statuenpaar zeigt Sennefer mit seiner Ehefrau Senai (Merit?) auf einem Stuhl sitzend und sich gegenseitig umarmend. 
Eine der Töchter Sennefers (Mut-Nofret) wird zwischen den Beinen ihrer Eltern dargestellt.
Daneben ist eine Opferformel angebracht. 
Zwei Kartuschen mit dem Thronnamen Amenophis II. wurden in die rechte Schulter Sennefers eingraviert.

In einer senkrechten Inschrift ist die Signatur der Künstler, die diese Statuengruppe erschaffen haben, eingraviert (Amenmes und Djed-Chons)
____________________________________
Fotoquelle: Jürgen Liepe Berlin
                   - alle Rechte vorbehalten - 


( Grundrisszeichnung: bearb. nach Tal der Könige / A. Siliotti / Karl Müller-Verlag )


Das Grab des Sennefer ist unter dem Namen " Das Grab mit der Weinlaube" bekannt, den ihm  Philippe Virey Ende des 19. Jahrhunderts gab. Die Antikenverwaltung wies dem Grab die Nr. TT 96 zu. 

Über eine steile enge Treppe mit 44 Stufen gelangt der Besucher in die Tiefe und in das Dunkel der Grabkammer. Es ist der Eintritt in eine andere Welt, in welcher der zum Osiris gewordene Tote der untergegangenen Sonne gleich, in den Tiefen der Ur-Nacht neue Kräfte schöpft, um sich am östlichen Himmel in strahlender Wiedergeburt zu erheben. Die Lebenden haben zu diesem Ort nur zu den Bestattungen und für kurze Zeit danach Zutritt, denn dieses ist das Reich des Osiris. Danach wurde die Grabkammer für alle Zeiten verschlossen und mit dem Nekropolensiegel, dem Schakal und den 9 Gefangenen versiegelt.

Die gewundene steile Treppe führt hinab durch einen niedrigen Vorraum mit einer unregelmäßige niedrige Decke
( 3,5 x 2,35 m) und dann in die 12 Meter tiefe Grabkammer. Das Vestibül ( Vorraum oder Kultkammer ) ist ein kleiner Raum vor der Grabkammer, der mit dieser durch eine Tür verbunden ist. Hier wird der Grabinhaber in den Wanddarstellungen als Lebender abgebildet. Er sitzt unter einer Laube, welche mit riesigen Trauben beladen ist und beobachtet die Vorstellung der Grabausrüstung. Man erkennt die Opfergaben wie Leinentücher, Fackeln sowie den Vorderlauf eines Rindes und auch Brote.

Zehn Priester bringen die Opfergaben. Sie werden von der Tochter des Grabinhabers angeführt. An der rechten Wand sieht man die Diener, die die Grabausrüstung bringen. Man sieht Brustplatten, zwei Uschebtis, die Sandalen, ein herzförmiges Amulett und die Grabmaske. Persönliche Dinge und auch die Barke werden in zwei verschlossenen Kisten herbeitransportiert.

Römer- und Pelizaeus Museum 
- Nachbildung des Sennefer-Grabes -

Nur die Sargkammer ist Gegenstand der Nachbildung, die im Römer- und Pelizaeus Museum nachgebildet wurde. Dabei erfolgt hier eine kurze Beschreibung der Dekoration der Grabkammer des Sennefer. Von der mittleren Kultnische des Vorraumes aus, einer Grenzzone zwischen der diesseitigen Welt und der jenseitigen Welt, besteht eine "magische Verbindung" zur Sargkammer, welche das Jenseits darstellte, aus der die Seele (ägyptisch Ba) des Toten gerufen wird, damit sie in der Statue der mittleren Kultbildnische Platz nimmt und die Totenopfer entgegenzunehmen.

Diese Sarkophaghalle ist selbst ein fast quadratischer Vierpfeilersaal, dessen Deckenbemalung mit den geflochtenen Matten wie ein luftiges Zelt wirkt, durch das sich wie in der Vorkammer, die als Weinlaube bemalt ist, eine Weinranke zieht.

Das eigentliche Grabinnere beginnt erst mit dem Durchgang von der Vorkammer zur Grabkammer.

Der Durchgang wird innen von zwei Inschriftenreihen umrahmt, welche die allgemeinen Opferformeln enthalten. Sie nehmen Bezug auf die Gottheiten Thebens und auf die Totengötter. Über diesen Inschriftenreihen thronen zwei Anubisdarstellungen, die auf Pylonen sitzen. Zwischen ihnen ist ein hoher Opferständer mit Lotusblumen aufgestellt. Über ihren Köpfen winden sich Weinranken, die bis in die nächste Darstellung reichen und somit die Verbundenheit beider Darstellungen zeigen. Die Schakale, die zugleich Wächter des Grabes sind, leiten zum Grabherrn und seiner Gemahlin über, die im linken Teil der Szene neben dem Durchgang Sennefer und seine Frau zeigt, wie sie das Grab verlassen, um täglich die Sonne zu sehen: "Herauskommen auf die Erde, um die Sonnenscheibe zu sehen, täglich".

Der Tote oder seine Seele, sein "Ba" verlässt täglich die Sargkammer durch den Eingang, durch den sein Sarkophag hineingekommen war um zum Eingang des Kultbereiches seines Grabes zu kommen, um den Sonnenkult mit einem Brandopfer an Amun-Re zu vollziehen. Damit ist der Endpunkt und zugleich der Kernpunkt des Bestattungsritus erreicht. Nun ist der Verstorbene befähigt worden, aus dem Grab herauszutreten um in Form seiner im Tempel von Karnak aufgestellten Statuen am täglichen Opfer für Amun-Re dort teilzunehmen.

Über der Tür zum Eingang/Ausgang der Grabkammer sieht man ein Doppelbild des Anubis, 
"des Einbalsamierers". Er wird hier als schwarzer Schakal dargestellt.
(Bild:
Nefershapiland 2007)

Die Malereien des Grabes umfassen drei Hauptthemen: der Weg zur Totenstadt, die Wiederherstellung des Köprers und die Wiedergeburt. Oben an den Wänden in diesem Teil des Grabes laufen Chekerfriese entlang, welche der Unterwelt zugehörig sind. Der als nördlich betrachtete Teil - der Horizont der neugeborenen Sonne - wird dagegen von Rebstöcken geschmückt, sowie von den zwei göttlichen Augen (Sonne und Mond), welche als Symbole der Ewigkeit betrachtet werden.

Im rechten Bereich neben dem Eingang sind der Grabherr und seine Ehefrau 
beim Verlassen des Grabes dargestellt. Der Eingang war sehr niedrig - nur 1,50 m hoch.
(Bilder:
Nefershapiland 2007)

Der niedrige Durchgang zur Grabkammer - nur 1,50 Meter noch - war ursprünglich mit einem Türrahmen versehen. Der durch den originalen Eingang eintretende Besucher betritt die Grabkammer aus (kultisch) östlicher Richtung kommend. Hier in der Grabkammer  fällt auf, dass es  nur noch eine einzige Frau ist,  die geliebte " Meryt, die Herrin des Hauses, die Obere Sängerin des Amun, bevorzugt von Mut von Ischeru  (Mut von Karnak)", welche ihn umhegt und ihm auf seiner Reise in die Ewigkeit zur Seite steht.

Meryt wird als seine "Schwester", seine "Geliebte", die "Sängerin des Amun" und "Herrin des Hauses", bezeichnet. Merkwürdigerweise aber nicht als "Amme des Königs", wobei dieser Titel auf keinen Fall an so wichtiger Stelle vergessen werden konnte, wenn sie ihn wirklich innehatte. Es könnte sich also dabei um eine andere Frau Sennefers handeln. (?)

Hinter der Szene des "Herausscheitens aus dem Grab" sind Sennefer und seine "....geliebte Gemahlin....Meryt" auf einem löwenfüßigen Stuhl sitzend dargestellt, der auf einer Binsenmatte steht. Beide Ehegatten sind in festlicher Kleidung und mit Schmuck und Würdenabzeichen dargestellt. Zum Zeichen der ehelichen Verbundenheit umfasst Meryt ihren Gemahl und hält in der anderen Hand eine Lotosblume, das Symbol der Wiedergeburt, während Sennefer das Sechem-Zepter hält. Unter dem Stuhl stehen zwei hohe Gefäße, von denen das linke die Hieroglyphe 
für Gold trägt. Die Textzeile vor dem Paar enthält die üblichen Opferformeln.

            Grabszene rechts vom Eingang: 
Der Grabherr und seine Frau Meryt beim Herausschreiten aus dem Grab - dahinter Sennefer und Meryt sitzend, davor ein Gebet an den Totengott Osiris um ein Totenopfer.
       (Bild:
Nefershapiland 2007)

Der Grabherr und seine Gattin Meryt
- beide sitzen auf einem löwenfüßigen Stuhl -

(Bild: Nefershapiland 2007)

Ausgangspunkt für alles Dargestellte in der Grabkammer ist die Bestattung des Verstorbenen. Die Darstellungen auf der Südwand der Pfeilerhalle sind allerdings stark zerstört. Nur ein Teil der Szenen, die in alten Vorlagen existierten, wurde zur Wiedergabe in der Grabnachbildung übernommen.

Da sich das Totenreich der Ägypter im Westen befindet, erfolgt jede Bewegung in das Grab hinein von Osten nach Westen. Dabei unterscheidet sich die "kultische Himmelsrichtung" sehr oft von der "geographischen Himmelsrichtung", d. h. somit liegt der Eingang sowohl des Kult- als auch des Jenseitsbereiches im "Osten" und die Kultnische der Kultkammer im "Westen". Man betritt danach die verschiedenen Grabbereiche also immer von "Osten". ( rechts ist dann Norden - links "Süden")

Die fiktive Bestattung des Sennefer beginnen im 1. Register auf der nordwestlichen Wand, die dem rituellen Süden entspricht. Hier ist eine Opferszene durch Sennefer und Meryt an Osiris, dem "Herrn des heiligen Landes, Fürst der Ewigkeit" und an Hathor, 
der
"Herrin der westlichen Nekropole" dargestellt. Darauf folgt die Darstellung von Sennefers Begräbnis. Vier Ochsen ziehen die Barke mit dem Sarkophag in die Nekropole. Man erkennt noch den Strick, der um ihre Hörner gewunden ist und der dann am Sarkophag befestigt war. Diener, die verschlossene Holzkisten mit der Grabausrüstung und den Opfergaben tragen, gehen ihnen voran. Freunde und hochrangige Beamte folgen dem Sarkophag. Diese erste Begräbnisszene ist über zwei Register ausgebreitet, die sich in Richtung Westen bewegt. 

Bestattungsszene zum Grab
- Diener tragen Truhen und Schreine, die zur Grabausstattung gehören ins Grab -

(Foto:
Nefershapiland 07)

Totenopfer
- Drei Reihen mit opfernder Priester.
Rechts davor sitzen Sennefer und Meryt
 vor einem Tisch mit Opfergaben -
(Bild:
Nefershapiland 2007)

Im zweiten Register sieht man Einzelheiten des Bestattungsrituals, wie das Waschen und Reinigen des Verstorbenen, der Transport der Kanopen, in denen sich die mumifizierten Eingeweide des Toten befinden. Vier Männer ziehen den Kanopenkasten, der von einem roten Schlitten begleitet wird. Ein Priester im Leopardenfell führt eine Räucherung vor der Statue des Anubis durch.

Die Grabausstattung wird nun in das Grab geschafft und an den vorgesehenen Stellen platziert. Die Mumie
wird von ihrer Familie verabschiedet und empfängt die letzten Riten. In Begleitung der Familie wird der Tote zu seiner letzten Ruhestätte gebracht. Der Sarkophag und viele der anderen Opferobjekte werden mit Tüchern abgedeckt. Damit die Reinheit des Grabes erhalten bleibt und keine Dämonen eindringen können, werden Fußstapfen mit einem Besen fortgewischt und die Türen werden verschlossen und die Handwerker bringen das Nekropolensiegel an den Türen an.

Pfeilerdekoration:

Die Dekoration der Grabkammer ist besonders vielfältig und stellt das Leben des Verstorbenen und seiner Ehefrau im Jenseits dar. Vier bemalte Pfeiler stützen die Decke des Raumes und nehmen das Motiv der mit Trauben beladenen Laube, welches an der Decke der kultischen Vorhalle beginnt, wieder auf. Es werden aber auch Flechtmuster gezeigt, welche für die Grabdecke der 18. Dynastie typisch sind. Die Darstellungen auf den Pfeilern, die die Grabdecke stützen, zeigen auf drei Seiten Meryt, die Sennefer Lotusblumen, Parfümöle, Nahrung, Myrrte, Schutzamulette, Leinenbinden, Halsketten und ein Sistrum reicht.

Die "geliebte Ehefrau" Meryt umsorgt den Verstorbenen und hilft ihm, alle Hindernisse auf dem Weg seiner Wiedergeburt zu überstehen. Meryt trägt hier ein langes weißes, enganliegendes Kleid, welches leicht angeschrägt über die Fersen nach hinten abfällt. Ihre Frisuren variieren leicht auf den verschiedenen Darstellungen in der Grabkammer und sind meist sehr kunstvoll zusammengesteckt und mit Schmuck dekoriert. Sie trägt eine schwarze, überschulterlange Perücke, die von einem weißen Band gehalten wird.

                - Pfeilerdarstellung F-

Sennefer, der unter einer Sykomore sitzt, inhaliert den Duft einer Lotosblume. 
Zu seinen Füssen sitzt seine Gemahlin Meryt. Vor dem Paar steht ein Tisch mit Gefäßen, die mit Lotosblüten gefüllt sind.
          (Bild:
Nefershapiland 2007)

                Pfeilerdarstellung F

Auf dem linken vorderen Pfeiler reicht Meryt ihrem Gatten geweihte Lotusblumen.Ihm zu Füssen kniet eine kleine kauernde Frau, die auf einer Matte hockt. Vielleicht ist es eine Tochter?
                 (Bild:
Nefershapiland 2007)

Einmal ist Sennefer im oberen Bereich eines Pfeilers dargestellt, während er von den Priestern mit Wasser gereinigt wird und ein zweitesmal nach seiner Wiederbelebung ebenfalls umgeben von vier Priestern.

Eng verbunden mit der Bestattung sind die Zeremonien der Mundöffnung, die hier anschließend in vier inhaltlich miteinander verbundenen sehr privaten Szenen dargestellt sind. Sie haben die Funktion der Wiederbelegung der Mumie des Toten und seiner Statue, die als Ersatzkörper und Stellvertreter des Toten gilt. Zu diesem Zweck wird normalerweise der Mund der Mumie oder der Statue mit einem "Dechsel" berührt, einem Werkzeug (Querbeil) der Holzhandwerker und Bildhauer, wobei hier auf diese Weise magisch das Öffnen des Mundes vorgenommen wird.
Alle Körperfunktionen werden wieder hergestellt und der Verstorbene kann alles das wieder, was er im Leben auch konnte. Diese Mundöffnung ist im nördlichen Seitenschiff der Sargkammer stark abgekürzt wiedergegeben.

                     Hinterer linker Pfeiler 
Sennefer und Meryt, die viel kleiner als er abgebildet ist und auf einem niedrigen Stuhl sitzt, verehren die Baumgöttin, die im Text als Isis bezeichnet wird. Sie spendet dem Toten "Bier". Bier und Brot dienen hier als abgekürzte Beschreibung für ein vollständiges Totenopfer.
                            (Bild:
Nefershapiland 2007)

Pfeiler G, Nordseite
- das Wunder der Wiedergeburt -
der Grabherr oder seine Statue wird von vier Priestern mit dem "Henu-Jubel" begrüßt.


(Bild: Nefershapiland 2007)


Auf der Nordwand, im 151. Kapitel des Totenbuches, erhalten wir Informationen über die innere, ideale Position des Begräbnisses und die Aufstellung der Mumie innerhalb des Grabes. Sennefers Mumie liegt auf den Darstellungen auf einer Ritualliege mit Löwenfüßen auf einen Schlitten, welcher von einem Zeltdach beschützt wird. Der Verstorbene empfängt die Wohltaten und Zuwendungen des Anubis. Der für die Mumifizieren des Verstorbenen zuständige Gott Anubis ist im Zentrum des Feldes dargestellt, wie er vor der Mumie steht und den Toten versorgt. 
Da der Tote bereits zu Osiris geworden ist, klagen dessen Schwestern Nephtys und Isis zu Häuptern bzw. zu Füßen des Toten. 
Der
"Ba" steht unter der Bahre, ebenso wie oben zur Linken und Rechten, wie er noch anbetend die Hände erhebt.

Die vier Kanopengötter, Hapi mit Affenkopf, Kebehsenuef mit Falkenkopf, Amset mit Menschenkopf und Duamutef mit Schakalkopf sind jeweils mit dem dazugehörigen Kanopengefäß für die Eingeweide an den vier Ecken angeordnet.

Ganz unten, in der Mitte liegt ein Schakal, das "Tier" des Anubis, auf einem Postament. Vier magische Ziegel kommen noch dazu, die den Verstorbenen nach allen Himmelsrichtungen hin beschützen sollen und zum Abschluss werden all die hier genannten Dinge durch den Spruch 151 des Totenbuches erläutert.

Versorgung der Mumie durch Anubis
- Totenbuchillustration zu Spruch 151 -
(Bild:
Nefershapiland 2007)

Osiris erscheint an der Nord-Westseite des Raumes auf seinem Thron. Er steht unter dem Schutz von Anubis, der hinter ihm sitzt. Sennefer und Meryt  erheben die Hände dem "lebendigen königlichen Osiris" zur Ehrerbietung. Die beiden Götter sind in einem Holzschrein sitzend dargestellt, von dessen Decke in regelmäßigen Abständen Trauben herabhängen. Die Weintrauben (Quelle des Lebens) spannen sich wie eine Laube über den Schrein und wurzeln hinter der Gestalt von Meryt.

Sargkammer - Nordwestseite
Sennefer und Meryt vor den in einem Schrein sitzenden Göttern 
Osiris und Anubis
(Bild:
Nefershapiland 2007)

              Mundöffnungsritual
Der Grabherr und seine Gattin 
im hinteren Teil der Grabkammer
                   - Ostseite -
           (Bild:
Nefershapiland 2007)

Rechts von der Totenbuchszene Kap. 151 reinigt ein Sem-Priester den Verstorbenen und seine Gemahlin Meryt mit einem Nemeset-Krug. Sie sind wieder in Festkleidung gekleidet und geschmückt. Der Verstorbene trägt auf dieser Darstellung ein doppeltes Herzamulett. Auf das rechte Herz hat ein späterer Besucher in Hieroglyphen den Namen 
"Alexander" aufgeschrieben. Das zeigt, dass das Grab noch Jahrhunderte nach der Fertigstellung besucht worden ist. Sennefer hält Stab und Lotosblütenstab, während Meryt ein Sistrum und eine Blüte in den Händen hält. Vor dem Grabeigentümer steht:

" Kommen in Frieden durch den Bürgermeister der Südstadt, Sennefer, den Gerechtfertigten, beim Geleiten dieses heiligen Gottes, des Amun, Herrn der Throne der beiden Länder, als er kam aus Karnak, um in Henqet-Anch (1) zu ruhen, indem sein Herzfroh war beim Geleiten seines Herrn zum Ruhen im Inneren seines Grabes, seines Hauses der Ewigkeit."

Anmerk. 1: Name des Totentempels von Thutmosis III. in Theben

           Sargkammer - Ostseite, 1. Register Nr. 12 nach P&M.
In das linke der beiden Doppelherzen, das Sennefer als Amulett 
um den Hals trägt, ist nachträglich (angeblich von einem griechischen Besucher) der Geburtsname von Alexander dem Großen  als Hieroglyphe eingetragen.
                                 (Bild:
Nefershapiland  2007)


Sennefer und Meryt sitzen auf Stühlen vor einem übervoll mit Lebensmittel beladenen Tisch. In einer Textpassage wird die große Menge an Nahrungsmitteln näher beschrieben. Dort steht, dass man Sennefer und seine Frau mit 1000 Brotlaiben, 1000 Bierkrügen, 1000 Rindern, 1000 Stück Geflügel und 1000 von allen guten und reinen Dingen ausgestattet hat. (Allgemeine Opferungsformel)

Rechter Eingangswand
Ein Sem-Priester bringt Brandopfer für die Verstorbenen dar.
(Bilder:
Nefershapiland Mai 2007)

Vor dem sitzenden Ehepaar bringt ein Sem-Priester - evtl. ein Sohn? - ein Räucheropfer dar und spendet ihnen Wasser (libriert). Das Panthergewand ist sehr detailliert dargestellt und erscheint wie ein Amtsgewand. In den Händen hält er einen Räucherlöffel und ein Libationsgefäß. Er gießt die Wasserspende über einen niedrigen Speisetisch aus. Daneben steht ein hoher Opferständer, der ebenfalls reichlich bestückt mit diversen Speisen ist.

Auf der Rückwand der Grabkammer, der nord-östlichen Wand, entsprechend dem rituellen Westen, sind im ersten Teil einer doppelten Szene Nahrungsopferungen für Osiris dargestellt. Sennefer und seine Gemahlin Meryt stehen vor einem gefüllten Opfertisch, vor denen Fackeln und Trankopfer tragende Priester stehen und beten den Gott Osiris, von dem jedoch einzig und allein der Kopfschmuck erhalten ist und die Westgöttin Hathor an und weihen ihnen Nahrungsmittel und Blumen. Begleitet wird diese Szene von Texten, welche den Wortlaut der Opferungen wiedergeben.

" Opfer gibt der König Osiris, dem Fürsten der Ewigkeit, damit er ihm Brot und Bier, Fleisch und alles Gute und Reine für das Ka des gereinigten Sennefer geben möchte."

Ein weiterer wichtiger Themenkomplex in der Sargkammer beschreibt die symbolische Reise der Verstorbenen nach Abydos, der "heiligen Stadt", in der sich nach dem alten Glauben das Grab des Osiris befand. Diese Pilgerfahrt ist auf dem nördlichen Ende der Westwand dargestellt. Die Statuen von Sennefer und Meryt sitzen unter einem Baldachin auf einem grün bemalten Bestattungsboot zusammen mit einem Priester, der den Reinigungsritus vollzieht. Die Farbe "Grün" symbolisiert hier den Papyrus und im übertragenen Sinne die Wiedergeburt.

Ein größeres Boot, welches von Ruderern angetrieben und von einem Kapitän gesteuert wird, zieht die grüne Barke in nördliche Richtung. Im darunter liegenden Register ist die Rückreise in die Nekropole von Theben beschrieben. Das Boot, welches die grüne Barke zieht, hisst ein rechteckiges Segel als Hilfe für die Ruderer auf ihrem Heimweg stromaufwärts nach Theben.

Grabkammer - Abydosfahrt -
Die Verstorbenen sitzen in einer grünen Barke unter einem Baldachin, begleitet von einem Priester
(
Bildquelle: Nefershapiland Mai 2007)

Grabkammer - Abydosfahrt:
Rückreise der Barke nach Theben.
Ein rechteckiges Segel wird als Segelhilfe für die Reise nach Norden genutzt.
(Bildquelle:
Nefershapiland 2007)

 

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