Edfu

Kom Ombo

Philae

Rund ca. 55 km südlich von Luxor liegt auf dem linken Nilufer die Stadt Esna, das alte Latopolis. Der ägyptische Name lautete Iunit oder Ta-senet (davon abgeleitet: koptisch Sne, arabisch Isna).  Die kleine, fast verschlafen wirkende Stadt liegt südlich des 1906 erbauten Damms über den Fluss. Die Griechen nannten die Stadt Latopolis, nach dem hier als heilig verehrten Nilbarsch (griech. latos), eine Verkörperung der Göttin Neith, die hier heilig war.

Nilufer in Esna - Ansicht vom Schiff aus gesehen
***
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Urheber des Bildes: Olaf Tausch

In der 18. Dynastie gewann der Ort an Bedeutung als Zentrum des Sudan-Handels. Einst war der Ort  Gauhauptstadt des 3. Bezirks (Nomos) von Oberägypten und lag an der Karawanenstraße, die nach Nubien führte. Zwei- bis dreimal im Jahr zogen Karawanen mit 400 bis 500 Kamelen von Sennar (Sudan) über Ibrim und Darau (Assuan) nach Esna. Sie transportierten Gold und Gummi, Elfenbein und Straußenfedern und auch Sklaven aus dem Herzen Afrikas  zum Weiterverkauf nach Kairo. Eine alte Karawanserei, die sich seitlich des Tempels, verborgen hinter Ständen mit Galabijas, befindet, kündigt  noch von dieser Zeit. Geschnitzte und verzierte Holzbalken, die lagenweise die alte Torfassade schmücken, sind  noch zu sehen.

Das am Nil liegende, aus römischer Zeit stammende Uferkai und der Beginn einer Prozessionsstraße aus der Zeit des römischen Kaisers Marcus Aurelius sind noch in einigen Teilen erhalten. Erkennbar sind die Kartuschen von Kaiser Marcus Aurelius. Auch die Reste eines Nilometers sind noch zu erkennen.

Ein malerischer Basar erstreckt sich südlich des Tempels. In den Reiseberichten gewürdigt, lohnt sich ein Rundgang zu den kleinen Lädchen, Kaffeehäusern und Schneidern, die stolz auf ihre "Singer-Nähmaschinen" verweisen, welche draußen vor den Lädchen stehen

                      Basar von Esna
. Durch die teilweise überdachte Gasse wird der Eindruck vermittelt, man befindet sich im vorigen Jahrhundert. 

(Bild:
Egypt.Esna.Market.01.jpg
Photo taken by Hajor, Dez. 2003 @ Wikimedia Commons
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Ursprungslink

Ein moderner Staudamm mit einer Länge von 874 Metern wurde zwischen 1906 und 1909 erbaut. Er besitzt eine 80 Meter lange Schleusenkammer und 120 Schleusentore. Die Fahrstraße auf der Dammkrone war bis zum Bau der Nilbrücke bei Luxor die einzige Möglichkeit, den Nil über eine "Brücke" zu überqueren. Die Häuser der Ingenieure, "schöne Bürgerhäuser", stammen noch aus der Zeit des Dammbaues.

Während die Nilschiffe auf die Schleusendurchfahrt warten, nähern sich Händler in kleinen Booten dem  Schiff um ihre Waren zu verkaufen.                  (Bildquelle: Paul Kamp)

Schiffsanleger in Esna-Stadt - hier lagen die Schiffe in Doppel- oder sogar Dreierreihe hintereinander.

(Bild: Nefershapiland)

Ein besonderes Erlebnis, bevor man am Schiffsanleger in Esna "festmachen" konnte, ist das Durchfahren der alten Esna-Schleuse, die nicht mehr in Betrieb ist. Dieses kann schon mal einige Stunden dauern, da immer nur zwei Schiffe gleichzeitig die enge Schleuse passieren können. Diese Wartezeit machten sich die "fliegenden Händler", die sich in kleinen, mit Waren vollgeladenen Booten den Schiffen näherten,  zunutze und versuchten ihre Tücher und Galabijas an die Passagiere zu verkaufen. Da wir erst spät am Abend die Schleuse erreichten, kamen wir leider nicht in den Genuss dieses "Spektakels". Trotzdem dauerte es Stunden, bis unser Schiff, das teilweise von den Schleusenarbeitern durch den engen Kanal gezogen werden musste, die andere Seite erreichte.

Tempel des Chnum:

In der Nähe der malerischen Basare liegt 9 Meter tief unter dem Straßenniveau als bedeutendste Sehenswürdigkeit von Esna der Tempel des Chnum aus ptolemäischer und römischer Zeit, der an Stelle eines Tempels der 18. Dynastie des Königs Thutmosis III. völlig neu erbaut wurde. Der Neubau des Chnum-Tempels aus der mittleren Ptolemäerzeit  ersetzt auch hier einen Tempel des Neuen Reiches, von dem Blöcke gefunden wurden. Leider ist der ptolemäische Naos mit Ausnahme der Fassade gänzlich zerstört, so dass dessen Chronologie unsicher bleibt.

Beide Tempel wurden dem widderköpfigen Gott Chnum geweiht, der im Morgengrauen die Menschen aus Nilschlamm auf seiner Töpferscheibe formte. Neben dem Schöpfergott wurden hier seine Gemahlin, die Löwin Menhit, die Stadtgöttin Nebetun und Heka, der Gott der Lebensenergie, verehrt. Der Göttin Neith, die nach dem Mythos von Esna, Ursprung und Schöpferin der Welt ist, war in dieser Anlage besonders viel Raum gewidmet. Die androgyne Gottheit ist hier mit Pfeil und Bogen dargestellt.

Im Laufe der Zeit wurde der alte Tempelbau durch Nilüberschwemmungen unter Schlick begraben und die heutige moderne Stadt Esna errichtet. Schon 1862 begann man mit Ausgrabungsarbeiten, legte zunächst nur die römische Säulenhalle frei, die unter dem römischen Kaiser Claudius (41-54 n. Chr) erbaut wurde.

Moderne Häuser neun Meter oberhalb des Tempelniveaus

(Bild: Nefershapiland)

Die Fassade des Chnum-Tempels von Esna
mit den Seiteneingängen für die Priester
(Bild: Elvira Kronlob)

Ehemals standen in Esna drei Tempel. Der nördlichste (5km nördlich) wurde bereits in alter Zeit, der zweite, ebenfalls im Norden gelegen wurde unter Mohammed Ali abgerissen und der letzte hat schon im Mittelalter seinen Hauptbau verloren. So steht heute nur noch die ungewöhnlich schöne Vorhalle aus der römischen Zeit mit ihren 24 Säulen in einer Senke, 9 Meter unter dem Straßenniveau der neuen Ansiedlung. 

Eine Besonderheit des Chnum-Heiligtums in Esna stellen auch die ausführlichen Texte auf den Säulenschäften dar, die größtenteils mythologischen Inhalts sind (z. B. Weltschöpfung). An den Wänden ist zu sehen, wie die römischen Kaiser im Ornat eines Pharaos zahlreichen Gottheiten Opfer darbringen. Historisch interessant ist die Abbildung des Kaisers Septimius Severus mit seiner Gemahlin Julia Domna und den Söhnen Caracalla und Geta, die 199 n. Chr. Ägypten besuchten (Südwand). Die Gestalt und der Name des Geta wurde nach seiner Ermordung 212 n. Chr. wie überall im Römischen Reich , getilgt.

                                                  Esna-Tempel, römische Säulenhalle, Rückseite
Die Stirnmauer des ptolemäischen Naos auf der Rückseite des Tempels ist in die eher überproportional große römische Säulenhalle integriert. Die Reliefs zu beiden Seiten der ptolemäischen Mauer stammen aus den Regierungen des Marc Aurel und Commodus.

Bild:     Esna Tempel 35.jpg
Autor:  Olaf Tausch
Lizenz:  CC By-3.0

Bild:     Esna Tempel 34.jpg
Autor:  Olaf Tausch
Lizenz:  CC By-3.0

Das ptolemäische Portal in der Mitte der Rückseite sollte ins Innere des Tempels führen, während die beiden seitlichen Nebeneingänge in den um das eigentliche Tempelhaus umlaufenden Gang führten.

Darstellung auf der Rückseite des Tempels
Die Darstellungen links und rechts der ptolemäischen Mauer (siehe obere Bilder) 
stammen aus der Regierungszeit von Marc Aurel und Commodus. Es zeigt den König vor den Göttern.
(Bilder: Elvira Kronlob)

Nur das Hypostyl ist erhalten, allerdings in einem recht guten Zustand. Der Tempel des Chnum, des widderköpfigen Hauptgottes der Stadt und seiner Gefährtinnen Menhit und Nebet-Uu (Nebetun), später auch Neith, besteht nur aus einer 33 m breiten und 16,5 m langen Vorhalle, deren Ostseite zu einer 37m breiten und 15 m hohen Fassade ausgebaut ist. Die Fassade der Vorhalle zeigt die charakteristischen hohen Säulenschranken, die das hintere Tempelhaus von der hier wohl nie vollendeten Hofanlage trennen.    

Die Tempelfront des Chnum-Tempel von Esna
(Bild Elvira Kronlob)

 

 Plan des Esna-Tempels nach Porter & Moss (bearbeitet)
Die Angaben 1.1-1.4 und 8.1-8.4 bezeichnen die Szenen-Reliefs auf den schmalen Frontseiten der Tempelwand von oben nach unten

Bei der Betrachtung der Szenen auf der Frontseite der großen Säulenhalle fangen wir bei den sogenannten Säulenschranken gleich links neben dem Haupttor an. Die 1. Säulenschranke (Plan oben Nr. (4) ) zeigt den König Tiberius (14-37 n. Chr.) mit der ägyptischen Doppelkrone, der von den Göttinnen Nechbet (rechts vom Kaiser) und Buto (links) in den Tempel zu Chnum geführt wird. Der Kindgott Heka, der auf dem Symbol des "Vereinigens von Ober- und Unterägypten" steht, ist vor dem Gott zu sehen.

Auf der  äußeren 2. Säulenschranke, links daneben  (3) eine gut erhaltene Szene, welche die sogenannte Taufe des Königs Claudius (Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus),  (41-54 n. Chr.) der die ägyptischen königlichen Thronnamen trägt;

1. (T 1.) Autokrator Heka-hekau-meri-aset-Ptah
2. (T 2)  Kaisaros Germanikos
3. (T 3)  Kaisaros Sebastos
(nach Jürgen von Beckerath: Handbuch der ägypt. Königsnamen)

mit belebendem Wasser im Beisein der löwenköpfigen Menhit durch Horus und Thot zeigt.  

Mittlere Säulenschranke Frontseite - linke Hälfte

Horus und Thot reinigen den Kaiser Claudius mit belebendem Wasser im Beisein der löwenköpfigen Göttin Menhit..
(Szene 3 P& M)

(Bild: Elvira Kronlob)

Chnum-Tempel von Esna - links neben Haupttor     (4)
Säulenhalle, Frontseite - Säulenschranke neben dem Haupttor, 

Tiberius mit der Doppelkrone wird von den Göttinnen Nechbet (rechts vom Kaiser) und Buto (links) in den Tempel zu Chnum geführt. Vor Chnum ist der Kindgott Heka zu sehen, der auf dem Symbol des "Vereinigens der Beiden Länder" steht.

                           (Bild: Elvira Kronlob)

Auf den Schranken ist der König zu sehen, der von den Göttern in den Tempel geleitete wird. Auf der linken Seite neben dem Haupteingang wird die Geschichte der römischen Dekoration von Esna mit einem Relief des Kaisers Tiberius eröffnet, welches im übrigen das einzige Relief dieses Kaisers in Esna ist. Das ermöglicht uns eine ungefähre Datierung ans Ende der Regierung des Tiberius. Der Pronaos wird zum größten Teil in den Jahren 14-37 n. Chr. errichtet worden sein.

4tlg. Darstellung auf der südlichen Außenfront
(Bild: Elvira Kronlob)     (1.1 - 1.4)

Linke Hälfte der vorderen Außenfront
- ein sekundärer Durchgang für die Priester -
(Bild: Elvira Kronlob)     (2)

Weitere Claudius-Darstellungen sind auf der südlichen Schmalwand der Frontseite zu sehen, die von oben nach unten die Reinigung des Naos durch den Kaiser zeigt, eine Opferszene des Kaisers vor Chnum und Nebetu, darunter die Szene der Herrschaftsverleihung und als letztes wird Claudius beim Auszug aus dem Königspalast mit dem Horusgeleit gezeigt.

Frontseite der römischen Säulenhalle
südliche Seite - 1. Relief
   (1.1)
Der König führt die Handlung der Reinigung des Naos vor den Göttern durch.
(Bild: Elvira Kronlob)

Frontseite der römischen Säulenhalle
südliche Seite - 2. Relief
    (1.2)
Der König opfert vor Chnum und Nebetu

(Bild: Elvira Kronlob)

Auf dem 3. Relief von oben  (1.3) auf der Frontseite der römischen Säulenhalle, präsentiert der widderköpfige Gott Chnum dem Pharao Claudius, welcher die ägyptische Doppelkrone trägt, die Palmrispe mit dem Symbol zahlreicher Jubiläen - rechts neben ihm Heka, die personifizierte Zauberkraft - hier als Kindgott mit der Hand an dem Mund.

Frontseite der Säulenhalle - linke Seite, 
3. Relief von oben - (1.3)
Szene der Herrschaftsverleihung

(Bild: Elvira Kronlob)

Frontseite der Säulenhalle - linke Seite
4. Relief von oben ( 1.4)
Claudius beim Auszug aus dem Königspalast mit dem Horusgeleit
(Bild: Elvira Kronlob)

Auf der Säulenschranke rechts neben dem Haupteingang  (5), wird der Krönungszyklus schon mit der Nero-Kartusche 

1. (T 1.)  Heka-hekau-setep-en-Ptah-meri-aset
2. (T 2.)  Kaisaros Germanikos
(nach Jürgen von Beckerath: Handbuch der ägypt. Königsnamen)

fortgesetzt. Month und Heka führen unmittelbar neben dem Eingang den Pharao zur Göttin Neith - anschließend wird links Nero von Harsiese und Thot mit der Doppelkrone gekrönt. Durch den späteren Durchbruch durch die Mauer ist dieses letzte Relief leider stark zerstört. Die rituelle Handlung des Aufsetzens der Doppelkrone bedeutet die Erneuerung der Einheit Ägyptens, d. h. die "Vereinigung der Beiden Länder". 

rechte Hälfte der Tempelfront - neben dem Eingang
- Month und Heka führen den König Nero 
zur Göttin Neith - (5)

                     rechte Hälfte der Tempelfront
                2. Säulenschranke mit Durchbruch 
Nero wird von Harsiese und Thot mit der Doppelkrone gekrönt. (6)

Datei u. Originalbild: Esna Tempel 05.jpg    -  hier   -
                                aus Wikimedia Commons
Bildautor:               Olaf Tausch
Lizenz:                    Creativ Commons, Namensnennung 3.0.

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Unter Vespasian wurden nur wenige Inschriften und Reliefs angebracht - dafür setzte unter Titus eine intensive Dekoration des Tempels an zahlreichen Stellen ein. Die Fassade wurde an mehreren Stellen ergänzt, vor allem aber an der südlichen Außenwand, die er mit interessanten Reliefs schmücken ließ. 

Esna - römischer Tempel - nördliche  Schmalwand
- Hohlkehle mit Kartuschen - 


(Bild: Elvira Kronlob)

Esna - römischer Tempel - nördliche Schmalwand
 1. obere Relief  (8.1) noch unter Titus -
     der König übergibt den Tempel an Neith u. Isis 
 2.  Relief: (8.2) der König opfert vor Sachmet
      und Harpokrates
                    (Bild: Elvira Kronlob)

Unter dem Kaiser Domitian ging die Dekorationsarbeit des Esna-Tempels rasant weiter. Er ließ die nördliche Schmalwand der rechten Tempelfassade vervollständigen. Das oberste 1. Relief gehörte noch in die Zeit des Titus. Es zeigt Titus vor den Gottheiten - er opfert Neith und Isis. Unten auf dem Sockel sehen wir in Entsprechung zu Claudius auf der Südseite den König beim Auszug aus dem ägyptischen Königspalast in Begleitung der Standarten. 

       Esna - römischer Tempel - nördl. Schmalwand
3. Relief von oben (8.3) 

Der König vor Sobek und Nebetu



(
Bild: Elvira Kronlob)

Esna - römischer Tempel - nördl. Schmalwand
letzte Szene über dem Sockel  (8.4)
Auszug Domitians aus dem ägyptischen Königspalastes in Begleitung der Standarten
(Bild: Elvira Kronlob)

Das bekannteste große Relief an der südlichen Außenmauer ist mit Kaiser Domitian verbunden. Es zeigt ihn in der Pose des altägyptischen Königs "beim Erschlagen der Feinde". (38) Der König erschlägt eine größere Gruppe von Feinden. Er hält sie an einem gemeinsamen Haarbüschel. Domitian wird von einem Löwen begleitet

Tempel des Chnum - Süd-Ost-Wand des Esna-Tempels

Domitian beim Erschlagen der Feinde. Der widderköpfige Gott Chnum übergibt dem König ein Krummschwert (Chepesch) - hinter ihm steht die löwenköpfige Göttin Menhit.
Der König hält die erschlagenen Feinde zusammen am Schopf. 
Zu seinen Füßen ist ein ihn begleitende Löwe zu sehen.

                                     Datei u. Originalbild: Esna Tempel 27.jpg    -  hier   -
                                                                          aus Wikimedia Commons
                                     Bildautor:                    Olaf Tausch
                                    
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südliche Außenwand - drittes Register

Titus ersticht eine Schildkröte vor der Göttin Sachmet
(Bild: Elvira Kronlob)

südliche Außenwand - drittes Register
Kaiser Titus "Autokrator Titus Kaisaros" tötet eine Oryx-Antilope, (ein Symbol des Bösen) vor der löwenköpfigen Göttin Menhit.
(Bild: Elvira Kronlob)

Die nördliche Außenwand wurde zur gleichen Zeit dekoriert - und zwar zunächst mit den beiden oberen Reliefreihen und der Friesinschrift darüber.

Esna-Tempel - nördliche Außenwand
Kaiser Trajan (55-227 n. Chr.) erschlägt nach Art der ägyptischen Könige
 eine größere Gruppe von Feinden.
Ebenso wie das Pedant auf der südlichen Wand, hält er seine Feinde an einem gemeinsamen Haarbüschel. Auch der Löwe, der ihn begleitet, wiederholt sich hier.
Auf dem rechten Bild überreicht der Tempelherr Chnum ihm  das Krummschwert 
zum Erschlagen der Feinde. Hinter ihm stehen die Götter Menhit und Neith.
(Bild: Elvira Kronlob)

Auch das Innere der großen Halle wurde während dieser Zeit dekoriert, während man unter den Königen Nero und Vespasian nur an vereinzelnden Punkten gearbeitet hatte. Insbesondere wurde nun der unter Vespasian begonnene Mittelteil der Deckendarstellung fortgesetzt. Mindestens 10 Säulen erhielten ihre Dekoration. Auch die kurze Regierung des Nerva ist auf einer der Säulen bezeugt, ebenso durch ein Relief im Inneren an der Rückwand über der ptolemäischen Fassade. Nerva bringt ein Rauchopfer vor der Barke der Göttin Neith dar.

Die Decke des Pronaos wird von vier Reihen mit sechs 12 Meter hohen, mit reichen Kompositkapitellen  geschmückten Säulen getragen. Die reich verzierten Kapitelle der Säulenhalle weisen auf die Fruchtbarkeit des Schöpfergottes Chnum hin.
(Bilder: Elvira Kronlob)

Die Säulenschäfte sind ungewöhnlicherweise mit Texten beschrieben, die einen Einblick in den Ablauf des Festkalenders von Esna gewähren. Sie geben die drei Hauptfeste von Latopolis wieder: 

  1. Neith bei der Schöpfung des Alls,
  2. Chnum trägt den Himmel 
  3. und siegt über die Aufständischen,

Diese ausführlichen Texte auf den Säulenschäften sind zum größten Teil mythologischen Inhalts, z.B. die Weltschöpfung.
Die Kapitelle der inneren 24 Säulen sind mit  Blüten, Früchten und sogar Kleintieren geschmückt. 

Sehr gut erhaltene astronomische Deckenbilder, 
die bei genauerer Betrachtung interessante Details offenbaren.
Man erkennt die noch heute aus der Astronomie bekannten Sternzeichen wie Krebs, Waage und Widder.
(Bilder: Elvira Kronlob)

Durch die Himmels-Bilder unter der Decke werden die obigen Handlungen der Götter bei den Festen in den Lauf der Sonne und ihre Konstellationen eingeordnet. Auf den Bildern findet man die uns heute aus der Astrologie bekannten Sternzeichen. In den Himmelsdarstellungen, welche die sechs Deckenfelder nördlich und südlich des Mittelfeldes zwischen den Säulenarchitraven schmücken sind vom Mittelfeld ausgehend die Tages- und Nachtfahrt der Sonne zu sehen. Die nach Norden und Süden anschließenden beiden Deckenfelder sind den Dekansternen gewidmet, dazu kommen Tierkreiszeichen im mittleren Streifen der Südhälfte. Auch der Mond mit seinem Gefolge ist im nördlichen Deckenstreifen dargestellt.

Der Festkalender informiert über die religiöse Praxis in Esna. Er befindet sich in zwei Abschnitte geteilt auf den Innenseiten der vorderen Eckpfeiler der Säulenhalle und wurde wohl in der Zeit des Domitian angebracht. Darin sind alle Feste des liturgischen Jahres kurz mit ihren Datum angegeben.

Im Chnum-Tempel von Esna kann man sehr gut die direkt nebeneinander liegenden verschiedenen Arten der Bildreliefs unterscheiden. Einerseits die Tief-Reliefs, hier sind die Motive in den Stein hineingearbeitet worden - zum anderen die Flach-Reliefs, welche aber zum Teil nicht mehr sehr deutlich zu erkennen sind. Zuletzt sind im Chnumtempel auch noch die Hoch-Reliefs zu finden, bei welchem der Stein um das abzubildende Motiv herum weggemeißelt wurde.

Säulenhalle Esna - innere Nordwand
Commodus, mit der unterägyptischen Krone, zieht zusammen mit den Göttern Haroeris und Chnum
 ein Netz, gefüllt mit Fischen und Vögeln. Am linken Rand des Bildes sieht man den Gott Thot.
(Bilder: Elvira Kronlob)

Die "Damnatio Memoria" (völlige Auslöschung des Andenkens an eine Person durch die Nachwelt), des Commodus scheint sich hier in Esna (anders als in Kom Ombo) nicht ausgewirkt zu haben. An der inneren Nordwand der Säulenhalle ist ein besonders interessantes Relief wiedergegeben. Schon aufgrund seiner doppelten Bildbreite hebt sich diese Darstellung von den übrigen Opferszenen ab. Es zeigt den König in der Person des Commodus mit der unterägyptischen Krone, der im Laufschritt das Zugseil eines riesigen Schlagnetzes mit gefangenen Vögeln und Fischen hält. Die Götter Chnum und Horus begleiten ihn und unterstützen ihn beim Zuziehen des Netzes. Diese Ritual-Szene des "Fangens mit dem Netz" lässt in den beistehenden Texten erkennen, dass der eigentliche Sinn des Bildes sich nicht auf ein reales Jagdereignis bezieht, sondern eine Feindsymbolik darstellt. Dabei steht der Vogelfang synonym für die Vernichtung der königlichen Feinde, die durch diese Art Schutzzauber unschädlich gemacht werden.

Auf der inneren Nordwand der römischen Säulenhalle auf dem mittleren Relief im 3. Register von oben ist der König von Ober- und Unterägypten, Herr der Beiden Länder "Autokrator Kaisaros", Sohn des Re, Herr der Kronen ", 
"Geta"(s) 
(ntj xw), [= Augustus] opfert Wein dem Gott Schu und der löwenköpfigen Tefnut. Der König trägt die Doppelfederkrone des Amun. Der Name "Geta" ist nur noch bzw. wieder in Spuren zu sehen; er war getilgt und von "Antonius" überschrieben gewesen. 

Esna-Tempel - innere Nordwand, mittleres Relief
3. Relief von oben: Der König, Herr der Beiden Länder "Autokrator Kaisaros", Sohn des Re, Herr der Kronen "Geta" opfert Wein dem Gott Schu und der Tefnut.
(Bild: Elvira Kronlob)

Esna-Tempel - innere Westwand, 
Innere Südwand, 1. Relief ganz rechts: Caracalla bietet das Symbol der Göttin Maat (sitzende Frau mit Feder auf dem Kopf) dem "Dreimal sehr großen Thot" und dem Horus von Achmin/Panopolis dar.
(Bild: Elvira Kronlob)

Auf der inneren Südwand, im vierten Register, Relief ganz links ist die Familie des Septimius Severus in einer Szene der Herrschaftsverleihung zu sehen: Die Familie der Serverer opfert vor den Stadtgottheiten von Latonpolis (Esna) Chnum, Nebtu und Heka. An erster Stelle steht der durch seinen Ornat besonders hervorgehobene Septimius Severus, hinter ihm Iulia Domna, dann folgen die Brüder Cacacalla und Geta. Wahrscheinlich war die Reise der Familie im Jahre 199/200 n. Chr. der Grund für die Anbringung des Reliefs.

Der Gott Chnum reicht dem römischen Pharao die Palmrispe mit dem Symbol für zahllose Jubiläen und das Anchzeichen. Hinter dem Gott folgen Nebetu (mit Kuhgehörn und Sonnenscheibe auf dem Kopf) sowie der Kindgott Heka mit Atefkrone.

Caracalla unterscheidet sich durch die ägyptische Doppelkrone sowie durch die Herrschaftsinsignien "Krummstab und Wedel" von Geta, der lediglich die "Weiße Krone" trägt und ein Szepter hält.. Die Rangunterschiede sind also von den Auftraggebern der Reliefs sehr genau beachtet und dargestellt worden. Die klare Abstufung zwischen Caracalla und Geta beweist, dass Geta damals noch nicht in den Rang eines "Augustus" erhoben worden war, dieses geschah erst 197 oder 198 - gleichzeitig erhielt Geta den "Caesar-Titel".

Auch diese beiden Darstellungen aus dem Inneren der römischen Säulenhalle des Esna-Tempels
zeigen den König beim Opfer. vor den Göttern.
Auf dem rechten Bild ist die Kartusche des Königs getilgt und neu überschrieben.
(Bilder: Elvira Kronlob)

 

Nach der Ermordung des Getas im Jahre 211 durch seinen Bruder Caracalla  ließ er über Geta die damnatio memoriae verhängen; die Tilgung seines Namens in allen öffentlichen Denkmälern und Schriftstücken mit größter Gründlichkeit betrieben; sogar seine Münzen wurden eingeschmolzen. Im Tempel des Chnum wurde seine Gestalt ausgemeißelt, nur die Konturen sind erhalten geblieben.

Geta "Augustus"
Bild: Wikipedia - gemeinfrei

Caracalla "Antonius Augustus"
Bild: Wikipedia - gemeinfrei

Während der "schlimmen Zeiten" der Reichskrise im römischen Reich hat man nach Caracalla die letzten drei Reliefs im Chnum-Tempel in Esna angebracht. Damit war der römische Pronaos fertiggestellt. Die Relieftafel auf der inneren Westwand unmittelbar links der ptolemäischen Hohlkehle zeigt Severus Alexander (222-235 n. Chr.) als Pharao beim Räucheropfer vor dem thebanischen Götterpaar Month-Re und Tjenenet. Die beiden Kartuschen lauteten ursprünglich: "Autokrator Kaisaros", "Alexandros ntj xw" . Nach der Ermordung des Severus Alexander wurde auch über ihn die Damnatio Memoriae verhängt, der Individualname in der zweiten Kartusche wurde getilgt. Später wurde sie auf Kaiser Philippus Arabs (244-249 n. Chr.) umgewidmet. Nach dem Tode des Philippus im September/Oktober 249 wurden dessen Namen im Reich eradiert und offenbar auch damniert. Im Tempel von Esna wurde der Name Philippus notdürftig geglättet und "Decius" darüber geschrieben. In der Randzone hinter dem Kaiser steht allerdings "Decius" schon ursprünglich in einer Kartusche. Das Relief darunter zeigt Kaiser Decius (249-251 n. Chr.) mit der unterägyptischen Krone, wie er dem Chnum-Widder und dem Chnum in der Menschengestalt mit Widderkopf eine Töpferscheibe - das Symbol des Schöpfergottes Chnum - reicht. 

Dieses Decius-Relief aus der Mitte des 3. Jhs. n. Chr. ist das letzte altägyptiche Tempelrelief, das sich heute noch in situ im Tempel befindet. Obgleich auch Decius der Damnatio Memoria verfiel, ließen sich die Priester von Esna nicht weiter davon beeindrucken. Sie ließen alles so, wie es war und entstellten das letzte Relief nicht mehr.

(Texte nach: Günther Hölbl "Altägypten im Römischen Reich" . Philipp von Zabern-Verlag) 


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