"Die Götter, die diese Pyramide
und diesen Bau des Königs gut und
robust sein lassen - ihnen ist
alles zu verdanken, sie werden geehrt,
sie zeitigen Eindruck, in ihrer Hand
liegt alles Gedeihen,(....) ihnen
allein gebührt die Krone."

Pyramidenspruch 1650

Einleitung

Wenn man von Kairo aus den Nil überquert, wechselt man von einer Millionenstadt zur nächsten - denn am Westufer liegt Giseh.  Noch vor ca.  30 Jahren durchquerte man auf der Fahrt zu den Pyramiden grünes Ackerland und staubgraue Wüste. Von weitem sah man die majestätische Kulisse der Pyramiden am Horizont. Günstigenfalls erhascht der Besucher heute einen kurzen Blick auf die Monumente, falls nicht der Smog einem gänzlich die Sicht nimmt.

Mittlerweile säumen Hochhäuser die einstmals dekorativ 1859 angelegte Pyramidenstraße. Eine auf über 3 Millionen angewachsene Bevölkerung hat sich fast bis zum  Rand des  Pyramidenplateau angesiedelt.

Das Giseh-Plateau besteht aus einem Mokattam-Gebirge genannten Kalksteinmassiv, dessen regelmäßige Oberfläche sich ideal zum Bauen eignet. Hier entstanden in der 4. Dynastie die größten und aufs genaueste geplanten aller Pyramidenansammlungen. Im Nordwesten des Plateaus liegt eine Fossilschicht,  während am Südosthang sich harte und weiche Gesteinsschichten abwechseln. Um an das Hartgestein heranzukommen, räumten die Ägypter die weicheren Schichten ab. Auf diesem Untergrund bauten sie Pyramiden, Gräber und Tempel. Noch heute ist dieses Gestein im Leib und im Kopf der Sphinx sichtbar.

Drei Generationen wurde in Giseh ununterbrochen gebaut. Unter Djedefre (der in Abu Roasch baute) und vielleicht noch in den wenigen Thronjahren eines Königs zwischen Chephren und Mykerinos, der eine unfertige Pyramide in Saujet el-Arjan begonnen haben mag, wurde die Arbeit unterbrochen. Das Grab der Königin Chentkaues war das letzte große Königsgrab in Giseh.
(Quelle: Geheimnis der Pyramiden/Mark Lehner, Orbis-Verlag, Sonderausg. 2002)

Die großen Pyramiden von Giseh, eines der letzten 7 Weltwunder der Antike, versetzen auch heute noch den Besucher in Erstaunen. Schon Herodot, der als einer der ersten westlichen Historiker, welcher sich mit den Bauwerken am Nil befasste,  angesehen werden kann, berichtete in seinem 2. Buch der Historien ausführlich über die Pyramiden. Allerdings erzählte er darin auch zahlreiche Unwahrheiten, die sich später in der allgemeinen Vorstellung der Leute über den Bau dieser "Wunderwerke" festsetzte. Auch die Wissenschaftler, die der französischen Expedition unter Napoleon folgten, stellten erstaunt fest, dass die in den drei Pyramiden verbauten Steinmassen ausgereicht hätten, um eine Mauer rund um Frankreich zu errichten.

Plan der Nekropole von Giseh

Bild:      Giza pyramid complex map.svg
Autor:   MesserWoland (aus Wikipedia)
Lizenz:  CC BY-SA 3.0

Dieser Ort, der von den alten Ägyptern Imentet (der Westen) oder auch Cher neter (die Nekropole) genannt wurde, war die nördlichste und bedeutendste Nekropole während der 4. Dynastie. Die altägyptische Bezeichnung für die Pyramide war mer. Der heute gebräuchliche Begriff geht auf das griechische Wort pyramis  (Weizenkuchen) zurück, welcher pyramidenförmig geformt war. In der heutigen Zeit ist dieser Ort besser bekannt unter dem Namen des ehemaligen Dorfes und heutigen  nahegelegenen Stadtteiles von Kairo - Giseh.

Wozu nun dienten die Pyramiden? Die königlichen Pyramidenanlagen aus der Zeit des Alten Reiches bestehen aus dem Grab  nämlich der Pyramide und aus mehreren aufeinander bezogenen Gebäudekomplexen, in denen durch kultische Handlungen das Eintreten des verstorbenen Königs in das Jenseits und sein dortiges Weiterleben gesichert werden soll. 

Die Pyramide ist ein Königsgrab, aber kein Monument für den Herrscher und nicht als Erinnerungsstätte für ihn gebaut. Einzig und allein sollte sie dafür dienen, das Fortleben des Königs im Jenseits zu gewährleisten.  Eine Grabstätte wie die frühere Mastaba und die daraus entstandene Pyramide waren die Voraussetzungen für die Aufnahme des toten Königs ins "überirdische Reich". Diese Grabstätten sollten ein "Haus für die Ewigkeit" sein, in dem sich der Verstorbene wie zuhause fühlen konnte. Daher verfügte sie über besondere Ausstattung mit speziellen Beigaben. Die ersten großen Grabanlagen der 2. Dynastie besaßen einen Abort und Baderäume, die von der Grabkammer aus zu erreichen waren.

Noch immer wissen wir nicht mit Sicherheit, wie sie wirklich gebaut wurden. Es ist nichts überliefert, was den Bau der Pyramiden  dokumentiert. Es kann heute nur versucht werden Hypothesen aufzustellen, die aber keine wissenschaftlichen Kenntnisse darstellen.

Es waren weder der Flaschenzug noch das Rad bekannt, auch gab es keine Werkzeuge aus Eisen. Die Hämmer waren aus Diorit, die Polierwerkzeuge aus Quarzit und die Scharnierbolzen aus Kiesel, also Steinwerkzeuge. Die einfachen, vorgefundenen Gerätschaften oder Darstellungen, die uns in etwa ein Bild über die Arbeitshilfsmittel zum Bau der Pyramiden bezeugen, sind das "Merchet" (ein Sengblei), ein "Bei" (Richtungsmesser zum Peilen) und die "Elle" (ein Maßstab von ca. 0,52 m Länge). Dieses waren die wichtigsten Werkzeuge. Bekannt sind auch weitere Werkzeuge, wie Stein- und Kupfermeißel, Sägen und Holzhammer. Zum Transport  der großen Gesteinsblöcke wurden hölzerne Schlitten benutzt, vor deren Kufen der Boden mit Wasser besprengt wurde, um die Reibung gering zu halten.

Die Pyramiden von Giseh sind die bekanntesten, es gibt aber noch viele andere, die noch älter und nicht minder großartig sind. In Sakkara erbaute König Djoser vor rund 4700 Jahren in der 3. Dynastie die erste 60 Meter hohe Stufenpyramide, die von seinem Nachfolger Snofru, dem Vater von Cheops, in Meidum und Dahschur weiterentwickelt wurden. 

Die Pyramiden des Alten Reiches, des Mittleren Reiches sowie der 2. Zwischenzeit mit ihren Grabkammern und großen Sarkophagen  gelten als die imposantesten der antiken Geschichte. Sie wurden erbaut von der 3. Dynastie bis zum Ende der 12. Dynastie.  Ab der 13. wurden keine Pyramiden mehr gebaut, nur die nubischen Pharaonen der 22.-25. Dynastie (ca. 800 - 700 v. Chr.) bin dasauten eine Anzahl kleinerer Pyramiden in den Gebieten von Napata, Meroe, Gebel-Barkal und Kurru im heutigen Sudan.

Ab der Regierungszeit von König Snofru erhalten die Pyramiden die später zum Pyramidenkomplex dazugehörigen Nebengebäude, wie die Kultpyramide, den Taltempel der mit dem Totentempel verbunden war. Diese Gebäude wurden während der 4. Dynastie noch weiter ausgebaut.  Durch die bedeutenden Veränderungen am Ende der 3. Dynastie hinsichtlich der philosophisch-religiösen Auffassungen sowie der Verfeinerung der Bautechnik und den neuen architektonischen Erkenntnisse war der Weg für den Bau der großen Pyramiden von Giseh in der 4. Dynastie nun vorbereitet.

Diese Pyramiden von Giseh erreichten hinsichtlich des architektonischen Stils eine Perfektion, die später nie wieder erreicht wurde. Er zeichnete sich aus, durch die Größe des Bauwerkes, dem Einsatz riesiger Steinblöcke und der Bearbeitung. Später wurden die Pyramiden kleiner, deutlich zu sehen bei den Pyramiden der 5. Dynastie, bedingt durch die veränderte Auffassung in der Religion, aber auch durch die Schwächung der wirtschaftlichen und politischen Lage.

(Grundriss nach Weltatlas der alten Kulturen: Ägypten /Baines u. Malek - bearbeitet von Nefershapiland)

1. Taltempel 2. Aufweg 3. Totentempel 4. Pyramide 5. Nebenpyramide
6. Umfassungsmauer

Die eigentliche, oder auch "richtige" Pyramide hatte sich zu Beginn der 4. Dynastie aus den vorangegangenen Stufenpyramiden entwickelt. Die wesentlichen neuen Architekturelemente sind der Taltempel, der Aufweg und der Totentempel an der Ostseite der Pyramide. Die Hauptachse verläuft in Ost-West-Richtung.

Die Pyramidenanlage des Königs Sahure (5. Dynastie) in Abusir gilt als typisches Beispiel für den Pyramidenbezirk der späteren Zeit.  Mit Booten näherte man sich der Anlage, wie gefundenen Kaianlagen am Taltempel beweisen. Der vom Rand des Fruchtlandes zum Wüstenplateau führende Aufweg verbindet Tal- und Totentempel. Eine Eingangspassage und ein Säulenhof im äußeren Teil sowie 5 Statuennischen, Magazinen nach Norden und Süden und einer Kapelle mit Opferstelen im Inneren Teil sind im Totentempel vorhanden. Bei den meisten Pyramiden geht der Abstiegsschacht von der Nordseite der Pyramiden aus. Für die Überdachung der eigentlichen Grabkammer wurden die größten und schwersten Steinquader des gesamten Bauwerkes verwendet.

Im Allgemeinen liegt in der Südostecke des Pyramidenbezirkes eine sogenannte Nebenpyramide

Die Pyramiden der 5. Dynastie werden durch den Einsatz kleinerer und grober gehauener Steinblöcke sowie durch die Verwendung einfacherer Materialen gekennzeichnet. Außerdem haben sie eine geringere Höhe als die der 3. oder 4. Dynastie. Wahrscheinlich trugen diese Faktoren dazu bei, dass diese Bauwerke eine geringere Lebensdauer hatten.

Erst unter König Unas findet am Ende der 5. Dynastie eine bedeutsame Erneuerung statt, die auch die Pyramiden der nachfolgenden 6. Dynastie charakterisieren. An den Wänden der Grabkammern sind jetzt zum erstenmal die sogenannten Pyramidentexte zu finden. 

Bei den Pyramiden des Mittleren Reiches wurden generell luftgetrocknete Nilschlammziegel verwendet und der Pyramidenbau mit hochwertigen Kalksteinplatten verkleidet. Die Bauten wurden wieder größer, allerdings erreichten sie nie mehr die Größenordnung der 4. Dynastie. Die Grabkammern wurden komplexer und die Totentempel immer größer. Den Höhepunkt erreichte der Totentempel bei der Pyramide des Amenemhet III. in Hawara, welche als die letzte große Pyramide betrachtet werden kann. Die nachfolgenden Pyramiden besaßen nur noch eine bescheidene Größe.

Schließlich wurde diese Form des Königsgrabs ganz aufgegeben. Die Könige der späteren Dynastien wählten als Ort ihrer Bestattung die großen Felsengräber, die typisch für das Neue Reich waren.

Mindestens 97 Pyramiden wurden in Ägypten errichtet. Viele davon sind nur noch Trümmerhaufen, vom Wind zerstört oder von den Steinräubern geplündert. Ständig werden neue Pyramiden entdeckt. Vier weitere dieser Grab-Berge wurden in den letzten Jahren freigelegt.

Es ist fast unmöglich, hier auf alle in Ägypten bekannten Pyramiden einzugehen - aber ich werde versuchen auf den folgenden Seiten über die Bekanntesten von Giseh, Saqqara und Dashur zu berichten. 

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