Quellen und Literatur-Angaben am Ende der Seite - nummerierte Verweise im Text
PM = Porter & Moss, Topographical Bibliography of Ancient Hieroglyphic Text, Reliefs and paintings 1927-1952Das Königsgrab von Hatschepsut mit der Nr. KV 20, ist vermutlich das älteste Grab im Tal der Könige und liegt hoch oben im östlichen Arm des Tals. Es ist in die Felswand nahe von KV 9 gehauen und hat einen sehr ungewöhnlichen Grundriss: Es windet sich vom Eingang (A) über ca. 213 m bis in die Sarkophagkammer (J), welche etwa 97 m unter der Oberfläche liegt. Die Achse der Grabanlage biegt sich von Osten nach Süden und dann nach Westen und biegt von der Bucht von Deir el-Bahari weg. Einige Forscher vermuten, dass das Grab ursprünglich eine Verbindung zum Totentempel der Königin hatte (Theben Mapping). Als Grund für die ungewöhnlichen Richtungsänderungen vermuten die Ägyptologen, die Stabilität der Felsformationen, denn am Beginn wurde der aus drei Galerien bestehende Gang durch Kalkstein, später durch brüchiges Gestein gegraben. Ein ungewöhnliches Merkmal von KV 20 ist seine enorme Länge von 210-213 Metern.
Das Grab führt durch eine Reihe von fünf Korridoren (B, C1, D1, C2, D2), von denen zwei in Kammern mit zentralen Abstiegen (C1, C2) enden bis es Kammer J1 erreicht. Der 1. Abschnitt (A-B) verläuft glatt, ohne Stufen. Erst im 2. Abschnitt sind - wie aus der Skizze ersichtlich - auf der linken Gangseite Treppenstufen in den Fels geschlagen, rechts war der Gang glatt - hier schob man die Sarkophage herunter. Auch in der rechten der ersten Kammer C befinden sich auf der linken Seite Treppenstufen, dafür fehlen sie im Abschnitt D-C2. An den Wänden fanden die Ausgräber Befestigungsschlitze für Balken, die wohl dafür dienten, die Sarkophage beim herunterschieben abzubremsen. Dieser Abschnitt endete in einer kleinen Kammer (C2), von wo aus der Gang (D2) weiter nach Süden führte und dann eine Wendung nach Westen machte und in einer großen Vorhalle (F) endete. Diese Kammer war wohl ursprünglich als Sarkophagkammer vorgesehen. Schließlich führt ein weiterer kurzer Gang (G) in die Sargkammer (J), welche von drei zentralen Pfeilern gestützt wird.
Grabskizze von KV 20 (Hatschepsut)
Vom hinteren Ende der Sarkophagkammer gehen drei Lagerräume ab. Zwischen den Pfeilern und der rechten (östlichen) Wand stand der Sarkophag von Thutmosis I. (Vater von Hatschepsut) und links zwischen den Pfeilern und der westlichen Wand der Sarg von Hatschepsut. Die Sarkophagkammer war wegen der schlechten Qualität der Felswand nicht dekoriert. Skizze nach Theben Mapping KV 20
- bearbeitet von Nefershapiland
Entdeckung und Erkundung KV 20 war wahrscheinlich das erste Königsgrab, das in diesem Tal errichtet wurde. Es war die ursprüngliche Ruhestätte von Thutmosis ), der später in KV 38 umbestattet wurde. Hatschepsut, seine Tochter, ließ KV 20 umbauen und für eine gemeinsame Bestattung für sich selbst und ihrem Vater herzurichten.
Die Grabanlage war der Expedition von Napoleon Bonaparte im Jahre 1799 und auch Belzoni bekannt und wurde zwischen 1799 und 1903 von mehreren Forschern besucht. Der erste Versuch der französischen Expedition unter Napoleon I., die Grabanlage freizulegen, scheiterte. In den Jahren des 19. Jahrhunderts gelang es dem Briten John G. Wilkinson, den ersten Teil der Grabanlage freizulegen, gab dann aber ebenfalls auf, denn das morsche Gestein und der kalkhaltige Schutt hatten sich durch einsickerndes Regenwasser in den vergangenen Jahrtausenden zu einem zementharten Gemisch verdichtet. 1824 versuchte der Brite James Burton ebenfalls die Freilegung von TT 20, stellte die Arbeiten aber nach der 2. Treppe ebenfalls ein, da die von ihm verwendeten Lampen wegen dem Sauerstoffmangel verlöschten. Obwohl Lepsius das Grab in den Jahren 1844 und 1845 erforschte, unternahm er keine weiteren Versuche, das Grab freizulegen.
Erst Howard Carter in seiner Funktion als Inspektor der Altertumsbehörde begann im Frühjahr 1903 - nach der Entdeckung des Grabes von Thutmosis IV. - mit der Räumung des steinharten Füllmaterials im Korridor. Sponsor dieser Räumungsarbeiten war Theodore M. Davis, der 1906 einen vollständigen Bericht über die Arbeiten veröffentlichte. Er fand vor dem Eingang (A auf der obigen Skizze) ein "Grundsteindepot" mit einem schriftlichen Hinweis auf Hatschepsut (daneben auch noch zerbrochene Steingefäße mit dem Namen der Urgroßmuter Ahmose-Nefertari und Hatschepsuts Eltern, Thutmosis I. und Ahmose. Bislang war noch niemand bis zur Sargkammer vorgedrungen, und es war lediglich bekannt, dass sich der stark abfallende Gang im Uhrzeigersinn nach rechts drehte.
Die Räumung und die Ausgrabungen unter dem Team von Howard Carter begannen Anfang Februar 1903 und erwiesen sich als schwierig, denn Carter fand das Grab voller harter, zementierter Trümmer vor. Der 1. Gang, der nach rechts abbiegt und 49,5 Meter lang und 2 Meter breit ist, wurde Ende Februar 1903 geräumt. Die erste rechteckige Kammer war voller zementierter Trümmer und wurde bis zum 15. April geräumt. Eine steile Treppe, die in die Mitte des Bodens gehauen ist, führt zum 2. Korridor, auf dessen halber Höhe die Kalksteinschicht und die instabile "Tafle-Schicht" (Mergel) darunter beginnt. Diese wurde von Carter charakterisiert als "......eine so schlechte Felsschicht, dass wir befürchteten, sie könnte jeden Moment einstürzen" (2).
Der 2. Korridor endete in einer weiteren Kammer mit einer Treppe, die in den Boden gehauen war und zu einem weiteren Gang führte (D2). An diesem Punkt wurden die Ausgrabungsarbeiten aufgrund der Hitze und der fehlenden Belüftung sowie der großen Anzahl an Arbeitern, die für die Ausgrabungen benötigt wurden, eingestellt. Die schlechten Bedingungen im Grab machten es notwendig, einen Ablaufventilator einzubauen, so dass die Arbeiten erst danach Mitte Oktober wieder aufgenommen werden konnten. Der 3. Korridor wurde bis zum 26. Januar 1904 geräumt und man stieß dann nach einer nach rechts führenden scharfen Biegung eine weitere Kammer, die erneut völlig mit Schutt gefüllt war. Man benutzte Spitzhacken, da die Füllung "so hart war.......dass man kaum sagen konnte, ob die Männer das Gestein oder den Schutt aufhackten". Außerdem war die Decke dieser Kammer eingestürzt. Die letzte, kurze Treppe (12 Meter lang) wurde bis zum 11. Februar geräumt. In diesem Korridor stieß Carter auf Überreste von Grabbeigaben, hauptsächlich Steinvasen mit den Kartuschen von Ahmose-Nefertari, Thutmosis I. und Hatschepsut.
Die letzte Kammer war die Sargkammer und man stellte sehr schnell fest, dass sie voller Schutt und die Decke eingestürzt war. Die Decke des rechteckigen Raumes wurde von drei Säulen getragen, die entlang der Länge des Raumes ausgerichtet waren. In der Grabkammer befanden sich zwei Sarkophage und der Kanopenkasten von Hatschepsut. Ihr Sarkophag wurde am anderen Ende der Kammer gefunden - sein Deckel lag am Kopfende auf dem Boden, ihr Kanopenkasten befand sich in der Mitte des Raumes. Der Sarkophag von Thutmosis I. befand sich in der Mitte des Raumes, auf die Seite gekippt gegen die 2. Säule - wahrscheinlich um diese zu stützen. Sein Deckel lehnte gegen die Wand. Carter stellte fest, dass sich keines der Objekte an seinem ursprünglichen Platz befand. Einer der beiden Sarkophage stand wahrscheinlich in der Vertiefung unmittelbar vor dem Haupteingang zur Kammer (2)-
Es wurden in der Grabkammer auch 15 Kalksteinplatten gefunden, auf denen Kapitel des Amduats in roter und schwarzer Tinte standen und die mit "Strichmännchen" illustriert waren, wie man sie im Grab von Thutmosis III. (KV 34) fand. Die Kalksteinplatten waren als Wandverkleidung gedacht, da der weiche Fels der Grabkammer für eine Dekoration der Wände ungeeignet war. Ähnliche Blöcke, wahrscheinlich aus derselben Serie, wurden in KV 38 gefunden (siehe Reeves, CN, Tal der Könige 1990).
Die Arbeiten von Carter wurden erst im März des folgenden Jahres (1904) abgeschlossen. Die Sarkophage und der Kanopenkasten wurden nach Kairo ins Museum gebrach, wobei der Sarkophag von Thutmosis I. Davis als Fundteilung für das Bostoner Museum übergeben wurde.
Danach führte man lange keine weiteren Aktivitäten durch. Als John Romer Ende der 1960er Jahre KV 20 besuchte, war die Decke der Grabkammer erneut eingestürzt. Aufgrund von Überschwemmungen ist diese seit 1994 wegen dem dort abgelagerten Schutt nicht mehr zugänglich (Theban Mapping: www.thebanmappingproject.com). John Romer stellte bei seinen Forschungen fest, dass für den Bau der Sarkophagkammer "J" ein anderer Baumeister als für die davor liegenden Abschnitte (A-D2) verantwortlich war und er kam zu dem Schluss, dass das Grab offensichtlich in 2 Phasen gebaut worden war. Als Architekt der ersten Bauphage (Teil A-D2) kommt offensichtlich Ineni, Baumeister und Bürgermeister von Theben in Betracht. Romer (1974) stellte auch fest, dass in der Sarkophagkammer ein "Maßsystem" benutzt wurde, dass in keinem der anderen Gänge oder Räume verwendet wurde, sehr wohl aber im Tempel der Hatschepsut in Deir el Bahari (die Sargkammer besteht aus zwei Rechtecken, mit einer Seitenlänge von etwa 10,5 Ellen - dieses Maß benutzte man auch bei der Planung des Tempels von Mentuhotep II. und dann erneut bei Djeser Djeseru, was Romer vermuten ließ, dass die Sarkophaghalle in TT 20 auf Senenmut als Baumeister des Erweiterungsbaues hindeutet.
Romer kam zu der Schlussfolgerung, dass KV 20 als Grab für Thutmosis I. begonnen und dann unter Hatschepsut lediglich um die abschließende Sargkammer mit drei Pfeilern erweitert wurde. Später ist dann - lt. Romer - unter der Regierung von Thutmosis III. KV 38 erbaut worden und unter Zurücklassung des Sarkophages der Großvater von Thutmosis III. aus KV 20 entfernt und dort bestattet worden.
Auch andere Forscher nehmen heute allgemein an, dass - trotz der Fundamentdepots von Hatschepsut und der Existenz eines weiteren Grabes für Thutmosis I. (KV 38), KV 20 ursprünglich für Thutmosis I. gebaut wurde und original sich nur bis zur vorletzten Kammer erstreckte, in welcher Thutmosis I. zuerst bestattet wurde. Dann wurde das Grab unter Hatschepsut neu zugeschnitten und renoviert, um sowohl ihr als auch für ihren Vater Platz zu bieten. Später wurde die Mumie von Thutmosis I. von seinem Enkel Thutmosis III. verlegt und zwar nach KV 38, während die Grabstätte von Hatschepsut wahrscheinlich in KV 20 verblieb und schließlich Opfer von Grabräubern (und offizieller Demontage) wurde (Quelle: John Romer 1974 "Thutmosis I. and the Biban El-Moluk: Some Problems of Attribution - Journal of Egyptian Archaeology 60). Dieses zeigt auch eine Neubewertung der Architektur von KV 38 und einige seiner Inhalte, die darauf hindeuten, dass es unwahrscheinlich ist, dass dieses Grab aus der Zeit vor Thutmosis III. stammt (1).
Funde Das Grab KV 20 wurde wohl schon im Altertum Opfer der Grabräuber, und die Gänge - ebenso die Grabkammer - enthielten nur noch wenige Funde. Howard Carter fand bei seinen Ausgrabungen im Grab von Thutmosis IV. (KV 43) zwei Gegenstände mit den Kartuschen von Hatschepsut. Dieses veranlasste ihn zu der Vermutung, dass das Grab von Hatschepsut sich ganz in der Nähe befinden müsse. Am 2. Febr. 1903 fand man unmittelbar vor KV 20 ein einziges Fundamentdepot, das sorgfältig zwischen Sandschichten gelegt und mit Kalksteinsplitter bedeckt war. Es enthielt kleine Alabastervasen sowie Modellgegenstände und Werkzeuge, darunter Ziegelformen, Dechseln, Äxte, Meißel und eine Dreschflegel. Weitere Funde im Depot waren Leinenproben, Brot und Vasenreste. Einige Elemente des Fundamentdepots waren in den ersten Korridor gespült worden und wurden dort geborgen (Quelle: Theodore M. Davis, Edouard Naville, Howard Carter 1906: "Report of Work Done in Upper Egypt 1903-1904 - Annales du Service des Antiquités de l'Egypte VI).
Fundamentsfunde aus dem Depot von TT 20
Modell eines Brotlaibs aus dem Depot von TT 20
Bild: Public domain, MET Acc.: 30.8.7-30.8.12 (CC0 1.0)
Bild: Public domain, MET Acc.: 30.8.20 (CC0 1.0)
Sarkophag "D" der Hatschepsut - Museum Kairo (KV 20 - Grabkammer J)
(H. 100 cm - ohne Deckel: H. 86,5 x L. 245 cm x B. 87,5) - JdE 37678Die Bezeichnung "D" geht auf William C. Hayes "Royal Sarcophagi of the XVIII. Dynasty, 1935 zurück. Der Sarkophag der Hatschepsut stand offen und war leer. Auf der Stirnwand kniet die Göttin Isis auf dem Zeichen für "Gold". Photo: Courtesy to Hans Ollermann - Nederlande
- alle rights reserved -
Sarkophag für Thutmosis I. - heute im Museum Boston
- Acc. 04.278 - Material: silifizierter Sandstein (Quarzit)
L. (mit Deckel 2,21 m - Breite mit Deckel 82/83 cm; Höhe Deckel 13 cm (aufliegend)Dieser Sarkophag wurde ursprünglich für Hatschepsut als Herrscherin angefertigt. Sie ließ ihn für ihren Vater Thutmosis I. umarbeiten und neu beschriften, um ihn für ihr Doppelbegräbnis zusammen mit ihrem Vater in KV 20 zu verwenden - für sie selbst wurde ein neuer Sarkophag (siehe oben) angefertigt. Geschenk von Th. M. Davies.
Photo: Courtesy to Keith Schengili-Roberts, Wikipedia 2011
CC BY-SA 2.5
Mumien Hatschepsut und Thutmosis I. |
Die nicht identifizierte Mumie, die man aus DB 320 (JE 26217) geborgen und in Särgen gefunden hatte (die von Thutmosis III. für seinen Großvater Thutmosis I. vorbereitet wurden), wurde früher allgemein als die von Thutmosis I. gehalten. Doch ein neuerlicher CT-Scan der Mumie durch das SCA ergab ein Sterbealter von 25-35 Jahre für die Mumie. Darüber hinaus wurde ein 20cm langes Metallstück im rechten Brustkorb entdeckt, vermutlich eine Pfeilspitze. Da aber Thutmosis I. vermutlich im Alter von ca. 50 Jahren (?) starb und es keinerlei Hinweise auf einen Tod im Kampf gibt, ist zu vermuten, dass diese Mumie aus DB 320 nicht die von Thutmosis I. ist.
Die Mumie von Hatschepsut konnte noch nicht mit Sicherheit identifiziert werden und die mumifizierte Leber oder Milz, die in DB 320 gefunden wurden, könnten evtl. alles sein, was von ihr übrig geblieben ist. Allerdings vermuten einige Forscher (u. a. auch Zahi Hawass), dass sie eine der beiden Mumien ist, die in KV 60 (Grab der Amme) gefunden wurden. Ein Backenzahn, der in der Holzkiste mit ihrer Leber gefunden wurde, konnte 2007 (Quelle: Hawass, Seleem 2016: Scanning the Pharaohs, American University in Cairo, pp. 59-63 und Hawass-The Plateau-Offizielle Website of Dr. Zahi Hawass: The Search for Hatshepsut and the Discovery of her Mummy) mittels "Bildern von einem CT-Scans von einem Backenzahn, der aus der Kiste mit der Kartusche der Königin stammte, identifiziert werden". Inzwischen wird die Identifikation der Mumie aus KV 60 aber von einigen Forschern wieder infrage gestellt, da der Zahn ein "Molar" des Unterkiefers ist und nicht in den Oberkiefer eingesetzt werden kann (siehe Artikel von Prof. Erhard Graefe auf der Seite Biographie Hatschepsut.
Eventuelle Mumie der Königin Hatschepsut |
Bild:
Mummy
Hatshepsut Autor: Vrangel1924 Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED |
Quellen und Literatur:
1. engl. Wikipedia KV 20
2. Th. Davis, Ed. Naville, Howard
Carter 1906: "Report of Work Done in Upper Egypt 1903-1904 - Annales du
Service des Antiquités de l'Egypte VI).
3. Dr. Karl Leser, www.maat-ka-Ra.de